Gebt Stoffwindeln eine Chance!
Wir haben es gewagt und Spaß beim umweltfreundlichen Wickeln.
Stoffwindeln – bei diesem Begriff habe auch ich früher zuerst an eine altmodische, komplizierte und überholte Art des Wickelns gedacht. Noch vor zwei Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können meinen kleinen Sohn selbst mit Stoffwindeln zu wickeln – und jetzt tue ich es mit Freude. Wie ist es dazu gekommen und wie sieht unser Wickelalltag mit Stoffwindeln aus?
Stoffwindeln? Ich doch nicht? Oder vielleicht doch?
Eine Bekannte fragte mich während meiner Schwangerschaft, ob ich schon überlegt hätte mein Baby mit Stoffwindeln zu wickeln. Meine ehrliche Antwort: Ich hatte mir zwar über viele Bereiche des Mama- und Eltern-Seins schon Gedanken gemacht, darüber aber nicht. Ich fand die Idee zuerst „zu öko“ für mich und dachte, dass das doch unverhältnismäßig mehr Arbeit bedeuten müsste. Trotzdem begann ich, zum Thema Stoffwindeln zu recherchieren. Ich las viele Blogs zum Thema, informierte mich über die verschiedenen Systeme und versuchte mir vorzustellen, wie es wohl für mich persönlich sein würde, mein Kind vielleicht doch nicht mit Einwegwindeln zu wickeln. Und ganz langsam fand ich es nicht mehr „zu öko“, sondern vielleicht sogar genau das richtige für meinen kleinen Schatz.
Alles andere als altmodisch und gut für Baby und Umwelt
Wie war es zu meinem Sinneswandel gekommen? Ganz einfach: Bei der Recherche stellte ich nämlich schnell fest, dass Wickeln mit Stoffwindeln inzwischen weit weg ist von Mullwindelbergen und dicken Babypopos, die man damit verbindet. Die Vorurteile stimmen einfach nicht (mehr). Moderne Stoffwindelsysteme sind modisch, bunt und bieten für das Baby viele Vorteile, z. B. fördern sie eine gesunde Hüftstellung und sind hautfreundlich. In den Einwegwindeln stecken viele chemische Stoffe, um die Nässe zu absorbieren. Diese Stoffe fallen bei den Stoffwindeln natürlich weg. Mit das wichtigste Argument finde ich aber, dass Stoffwindeln eine ganze Menge Müll einsparen – über 1 Tonne Windelmüll pro Kind. Selbst wenn man die Produktion der Stoffwindeln, das Waschen (und ev. das Trocknen) mit einrechnet, sind Stoffwindeln noch immer ein klarer Gewinn für die Umwelt. Wird mit denselben Stoffwindeln später vielleicht noch ein weiteres Kind gewickelt, dann ist die Bilanz noch besser – auch in finanzieller Hinsicht.
Qual der Wahl dank vieler Systeme
Da es inzwischen viele unterschiedliche Stoffwindel-Systeme gibt ist auch für jede Familie das richtige dabei: Komplettsysteme (All-In-One), die viel Komfort bieten und in der Handhabung einer Wegwerfwindel ähneln und solche, die man je nach Bedarf „zusammenbaut“ (z. B. All-in-2 oder Überhosen mit Einlage). Je nachdem wie viel Geld man zu Beginn ausgeben will, wie oft die Waschmaschine läuft und wie viel Platz man zum Trocknen hat, kann man sich ein passendes System aussuchen. Auch bei den verwendeten Materialien gibt es viele Möglichkeiten: Wolle, Baumwolle, Bambusviskose, Baumwollviskose, Hanf, PUL. Es gibt nicht (mehr) die eine Stoffwindel – es gibt viele Systeme, viele Materialien und viele Kombinationsmöglichkeiten. Da ist für alle etwas Passendes dabei – ganz sicher! Und ja, es gibt einen Mehraufwand im Vergleich zu Einwegwindeln, aber dieser ist erstaunlich gering – dazu unten mehr.
Drüber geschlafen… und bestellt
Auch mein Mann fand nach der Recherche Gefallen an der Idee, den Stoffwindeln eine Chance zu geben. „Wir können es ja einfach einmal probieren“, war unser gemeinsamer Tenor. Noch ein paar Nächte haben wir über das Thema geschlafen und dann … ein Stoffwindel-Testpaket bestellt. Wir wollten der Sache einfach eine Chance geben und selbst herausfinden, ob das was für uns als Familie ist. Kurze Zeit später waren sie da: Tolle und farbenfrohe Überhosen und eine All-in-One, verschiedene Einlagen und Windelvlies – alles von europäischen Herstellern. Das war uns wichtig, denn auch bei den vermeintlich umweltfreundlichen und nachhaltigen Stoffwindeln gibt es große Unterschiede bei der Produktion und Qualität. Auch darauf kann man achten, wenn man sich für Stoffwindeln entscheidet.
Stoffwindeln sind bald Teil des Alltags
Die erste Zeit mit Baby wollten wir es uns möglichst einfach machen und haben deshalb bewusst noch Einwegwindeln benutzt. Als unser Kleiner knapp 3 Monate alt war fiel dann aber der Startschuss und wir füllten unsere ersten Mehrwegwindeln: Zuerst noch etwas unsicher, bald aber schon recht flott ging uns das Wickeln mit den Stoffis von der Hand.
Es war und ist zwar ein Mehraufwand im Vergleich zu den Einwegwindeln, aber wie wir finden ein sinnvoller Mehraufwand. Die zusätzliche Wäsche ist überschaubar, die trocknenden Überhosen im Kinderzimmer fast schon ein kleiner Hingucker und das Falten bzw. Füllen der Windeln gehört erstaunlich schnell einfach zum Alltag.
Wir beschlossen also recht schnell, dass es nicht beim kleinen Stoffwindel-Testpaket bleiben sollte und deckten uns ausreichend mit Überhosen, Einlagen und Wetbags ein. Seither wickeln wir überwiegend mit Stoffwindeln und haben es nicht bereut. Unser bevorzugtes System sind bunte und farbenfrohe PUL-Überhosen, gefüllt mit unterschiedlichen Mullwindeln und zusätzlichen Boostern (z. B. aus Bambus-Viskose). Wir verwenden mitwachsende Überhosen, die über die gesamte Wickelzeit passen und einfach mit Druckknöpfen vergrößert/verkleinert werden können. Die All-in-One ist bei uns fast nie im Einsatz, weil ich die lange Trockenzeit nicht mag. Aber für andere Familien ist genau dieses System perfekt. Zum Glück hat man die Wahl!
Mut zur Lücke
Wir sind weit davon entfernt eine Vorzeige-Stoffwindel-Familie zu sein: Im Urlaub und manchmal auch unterwegs greifen wir zu Einwegwindeln. Unterwegs die benutzten Stoffwindeln einzupacken und bis daheim mitzunehmen ist für andere kein Problem, aber ich habe mich dazu noch nicht aufgerafft. Aber ich finde es ist in Ordnung nicht „perfekt“ zu sein und die Stoffwindeln in dem Ausmaß zu verwenden, in dem man sich als Familie damit wohlfühlt. Und wer weiß: Vielleicht kommt auch noch ein Urlaub, in dem wir es auch mit Stoffwindeln versuchen. Ansonsten wickeln wir unseren Kleinen aus Überzeugung in die Stoffwindeln und freuen uns damit unserem Sohn und der Umwelt etwas Gutes zu tun.
Kleiner Helfer
Inzwischen wickeln wir seit über einem Jahr mit Stoffis und unser 16-Monate alter Sohn weiß schon wo seine Stoffwindeln sind, oft „hilft“ er beim Waschen und Befüllen und vermutlich wird er uns bald schon sagen, welche Stoffwindel mit welchem Motiv er gerne als nächstes auf seinem Popo mag. Wickeln mit Stoffwindeln ist bei uns jetzt Teil des Familienalltags, es macht Spaß und ist ein kleiner Beitrag für eine bessere Umwelt.
Du bist KufsteinerIn und möchtest dein Baby mit Stoffwindeln wickeln?
In diesem Folder findest du Informationen zum Stoffwindelgutschein, der Kufsteiner Familien dabei unterstützt auf Stoffwindeln umzusteigen und so ihren Alltag nachhaltiger zu gestalten.
Alle Infos zur städtischen Stoffwindel-Förderung findest du hier.